Von Necati Öziris / Regie: Hakan Savaş Mican
In "Vatermal" macht das mehrfach als „Theater des Jahres“ ausgezeichnete Maxim Gorki Theater die Lebensgeschichte einer Migrantenfamilie zum Thema: Als sich der türkische Literaturstudent Arda (Doga Gürer) nach einem Organversagen auf der Intensivstation wiederfindet, möchte er seinem unbekannten, zeitlebens vermissten Vater seine Lebensgeschichte schreiben. Dieser hat seine schwangere Mutter Ümran (Sesede Terziyan) und seine Schwester Aylin ((Flavia Lefevre) wortlos In Deutschland zurückgelassen. In einer Traumreise zwischen Vergangenheit und Gegenwart setzt Regisseur Hakan Mican Ardas Lebenserinnerungen auf einer Showbühne in Szene.
Nachdem Ümran bei der hartherzigen Tante zurückgelassen wurde, folgt sie später ihren Eltern ins Ruhrgebiet. Dort schuftet sie bei Mc Donalds und lernt in einer Disco Metin kennen. Als Aylin zur Welt kommt, träumt Ümran von einem besseren Leben, aber Streitigkeiten, Schulden und Metins Flucht lassen den Traum zerplatzen. Ihren Schmerz ertränkt sie im Alkohol. Ohnmächtig müssen die Kinder Ümrans Abstürze ertragen. Während Aylin irgendwann der Mutter den Rücken kehrt, ringt Arda mit seinen kiffenden Kumpeln um Männlichkeit und soziale Anerkennung. Mit Ümran erleidet er endlose Demütigungen auf dem Ausländeramt, erfährt aber auch immer wieder die unermessliche Zuneigung seiner Mutter.
Großartig, wie die Darsteller*Innen die Figuren zum Leuchten bringen, wie sie ihre Emotionen in leidenschaftlichen Songs ausdrücken, wie Sesede Terziyan ihrer Figur trotz erniedrigender Szenen eine unantastbare Würde verleiht, so dass man spürt, wieviel Liebe diese Familie in sich trägt.
»Gorki-Star Sesede Terziyan und Flavia Lefèvre spielen Ardas Mutter Ümran und seine Schwester Aylin in knallroten Outfits und mit Vergnügen an Gesangseinlagen: Souveräner Show-Auftritt statt Sozialkitsch mit Migrantenfolklore.« (Süddeutsche Zeitung)